Andacht zum Monatsspruch Oktober 2017

Es wird Freude sein vor den Engeln Gottes über einen Sünder, der Buße tut.
Lukas 15,10

Ende diesen Monats jährt sich die Veröffentlichung der 95 Thesen Martin Luthers zum 500. Mal. Ob der Reformator seine Streitschrift gegen den Ablass tatsächlich eigenhändig an die Tür der Schlosskirche zu Wittenberg hämmerte, da sind sich die Gelehrten nicht ganz einig. Unzweifelhaft ist aber der Wortlaut: „Da unser Herr und Meister Jesus Christus spricht ‚Tut Buße‘ usw. (Matth. 4,17), hat er gewollt, dass das ganze Leben der Gläubigen Buße sein soll.“ – So lautet die erste der 95 Thesen. Mit dem Thema „Buße“ begann also die Reformation. „Buße“ ist ein halbes Jahrtausend später kein Wort, das in Gefahr steht zu einem Modewort zu werden. In unserem alltäglichen Sprachgebrauch ist der Begriff eher negativ besetzt: Von „Bußgeld“, über die Ankündigung „Das wirst Du mir büßen!“, bis hin zum ebenfalls in die Jahre gekommenen Adjektiv „bußfertig“. Will das heute noch jemand sein?
Es lohnt sich, tiefer hinter den Begriff zu schauen und zu fragen, worum es der Bibel eigentlich geht, wenn sie von „Buße“ redet.

„Buße“ lässt sich eigentlich viel treffender mit „Umkehr“ übersetzen. Wer Buße tut, der traut sich, sein eigenes Leben zu überdenken und zu hinterfragen. Wer Buße tut, der versucht zumindest, etwas an sich und an seinem Leben zu ändern, so schwierig das in der Praxis auch sein mag.
So betrachtet hat der Begriff der „Buße“ etwas sehr Positives: Die Bibel traut es uns zu – ja Jesus traut es uns zu, dass wir unserem Leben eine Wendung geben können. Er verlangt nichts Unmögliches von uns, wenn er sagt: „Tut Buße“. Unsere Fehler, unsere falschen Entscheidungen und Handlugen, unsere Schwächen, unser Egoismus und unsere Engstirnigkeit – ja alles das, was die Bibel mit „Sünde“ bezeichnet – das ist nicht unser Schicksal.
Wir können immer wieder neu anfangen und wir können uns ändern. Das ist gut und schön für uns und für die Menschen, mit denen wir unser Leben teilen.
Das geht nicht von heute auf morgen – das geht nicht ein für allemal und auch niemals zu 100 Prozent.
Buße ist eben eine gute und lebensförderliche Glaubensübung – ein Leben lang. Buße – das können wir nicht allein, dazu brauchen wir himmlischen Beistand. Und wenn Gott seine Engel schickt, die uns auf dem Weg der Umkehr begleiten, dann können und werden sich diese Engel dann auch freuen, wenn uns Umkehr hier und da gelingt.
Also lasst uns fröhlich Buße tun – es geht und es lohnt sich.

Ihr und Euer
Hans-Georg Wieberneit

KONZERT: „lassAb von deiner Angst und staune“

Insina Lüschen (Gesang) und Jens Pape (Gesang und Klavier)

Ein Konzert mit reformatorischen Liedern und Gedanken, laut und leise, stimmungsvoll und atmosphärisch, nachdenklich und herausfordernd.

Sonntag, 24. September 2017
18:00 Uhr

Insina Lüschen (Gesang) und Jens Pape (Gesang und Klavier) haben ein Programm zusammengestellt zum Lauschen und zum Lachen, mal leise und fein, mal energisch und entschlossen.
Damit das Reformationsjubiläum nicht in Erinnerungen stecken bleibt, sondern Aufbruch gestaltet.

Karten im Vorverkauf gibt es

im Pfarrbüro und Knolles Markt, Ramelsloh | Teeinsel, Ohlendorf
ABC-Buchhandlung, Stelle | Stoffträume, Maschen
oder online unter www.tickets.kirche-ramelsloh.de

EINTRITT:
12 Euro
(15 Euro an der Abendkasse)

Andacht zum Monatsspruch September 2017

Und siehe, es sind Letzte, die werden die Ersten sein,
und sind Erste, die werden die Letzten sein.
Lukas 13,30

Bin ich dabei?
Wir kennen diese Frage. Im Sportunterricht müssen Mannschaften gewählt werden und ich will nicht als Letzter auf der Bank sitzen. Der Chor sucht neue Mitglieder. Bin ich wirklich gut genug? Einladungen für eine Party werden verteilt. Bin ich eingeladen? Sitze ich beim Gastgeber? Immer  wieder brennt uns die Frage auf dem Herzen, ob wir dabei sein dürfen. Und ob wir auch wirklich gut genug dafür sind. Mit genau dieser Frage kam auch ein Mann zu Jesus: „Herr, meinst du, dass nur wenige selig werden?“ Es ging ihm nicht um den Prozentsatz der Seligen oder um eine Statistik zur Nachfolge. Sondern es war eine ganz ehrliche und persönliche Frage: Wenn das Reich Gottes kommt und alle mit Gott an einem Tisch sitzen – Bin ich dabei? Bekomme ich eine Einladung? Jesus verspricht ihm nicht das Blaue vom Himmel, im Gegenteil. Seine Antwort ist genauso ehrlich. „Da wird Heulen und Zähneklappern sein!“ Die Pforte ist eng, das verschreckt
und macht Angst, jetzt schon. Aber andererseits gibt es sie auch, diese Pforte. Unbequem und man muss sich hindurchquetschen, aber gerade die Unbequemen sind es, die schließlich zu Tisch sitzen werden im Reich Gottes. Diejenigen, die selbst zurückstecken, um anderen eine Chance zu geben. Die mutig nach vorn gehen und ihre Stimme erheben. Die sich um andere kümmern und auch Menschen einladen, die auf Partys keine gern gesehenen Gäste sind. Die eine ernsthafte und enge Beziehung zu Jesus suchen. Eben diejenigen, die jetzt schon mit ganzem Herzen am Reich Gottes arbeiten. Im Kleinen und Großen unbequem, das ist der Weg zum Gottesreich, aber es lohnt sich für mich und für alle Menschen um mich herum. Dann können wir auch mit am
Tisch sitzen und gemeinsam mit allen anderen Unbequemen feiern.

Sabrina Engert

 

Lange Nacht der Kirchen am 1. September im Kirchenkreis

Sieben Gemeinden sowie der Heimat- und Museumverein Winsen beteiligen sich diesmal bei der 7. Langen Nacht der Kirchen am 1. September. Wieder gibt es ein buntes Programm im Stundentakt. Von G0spel und Jazz über Singer/Songwriter bis hin zu Swing und Country, Plattdeutsch und Kino reicht das Programm in diesem Jahr.

… weitere Informationen auf der Internetseite des Kirchenkreises Winsen

Hier finden Sie das gesamte Pogramm: Flyer_Lange_Nacht_2017

Lange_Nacht_Ramelsloh

Eintritt frei (um Spenden wird gebeten)

 

Historisches Markttreiben wie zu Luthers Zeiten auf dem Ramelsloher Domplatz

Auf dem Domplatz unter alten Eichen können die Besucher mit den Akteuren der Marktvagabunden und der Kirchengemeinde Ramelsloh einen Einblick in das Leben aus „Luthers Zeiten“ erhaschen.
Verschiedene Lagergruppen zeigen, wie die Menschen in dieser Zeit wohnten, die Nahrung zubereiteten und ihre Zeit verbrachten. Auch die Ritter von „Draco Inter Mares“ zeigen uns Einblicke in ihre Kampfkunst und erklären uns ihre Waffen und Rüstungen.
Auf der Bühne sorgen unter anderem der Barde Sintram und die Gruppe „Heidenlaerm“ für beste musikalische Unterhaltung, so dass alle tanzen und die Hüften schwingen lassen können.
Am Freitagabend schon machen „Waldkauz“ mit einem Konzert im Rahmen der „Langen Nacht der Kirchen“ den Auftakt zu diesem besonderen Wochenende! Am Abend, wenn Kerzen und Fackeln den Platz erhellen wird Signora Luna mit Feuerhulas, Pois, Feuerstäben und vielem Feurigen mehr den Nachthim-mel zum Glühen und die Augen zum Leuchten bringen!
Für „Speys und Trank“ ist selbstverständlich auch gesorgt. Hier kann man besten Whiskey probieren, dunkles Bier, Met und andere Köstlichkeiten. Selbstverständlich kann sich der hungrige Besucher auch auf Süßes und Herzhaftes freuen. Im Angebot für den hungrigen Leib sind unter anderem Pilzpfanne, Langosch und die Dinkelbaeckerey.
Viele Händler bieten ihre Waren feil. So kann der Kauffreudige Schwerter und Dolche, Trinkgefäße und Teller, Schmuck, Lederwaren, feinstes Leinen und vieles mehr erwerben.
Für die kleinen Besucher des Markttreybens wird es natürlich auch wieder spannend. Nicht nur „Immernochfrank“, der Gaukler, verzaubert Groß und Klein, vielleicht kreuzt auch ein Stelzenwesen den Lauf! Es gibt außerdem verschiedene Spiele, wie zum Beispiel die Knappenschule, Armbrustschießen für Kinder, sowie ein handbetriebenes Karussell. Für den Heimweg können sich die kleinen Knappen mit Schwert und Schild in der Kinderrüstkammer ausstatten um den Eltern und Geschwistern sicheres Geleit nach Hause zu bieten. Die Marktvagabunden und die Kirchengemeinde Ramelsloh freuen sich auf Euren Besuch!
Euch erwartet ein tolles Wochenende mit Feilschen und Handeln, mit Musik und Mummenschanz, Kinderspaß und vieles mehr. Aber eines erwartet euch sicher nicht – Langeweile!  Wie zu hören ist, wird auch Martin Luther daselbst zugegen sein und versuchen, dem schändlichen Ablasshandel von Johann Tetzel Einhalt zu bieten.

Quelle: Turmhahn September 2017

Historisches Markttreyben wie zu Luthers Zeiten
auf dem Ramelsloher Domplatz

Samstag, 2. September 2017
12.00 – 22.00 Uhr.
Sonntag, 3. September 2017
11.00 – 18.00 Uhr.

Eintritt Erwachsene: Tageskarte 6,- € – 2-Tages-Karte 10,- €
Eintritt Kinder: Tageskarte 2,- € – 2-Tages-Karte 3,- €
Eintritt für Kinder unter „Schwertmaß“ frei!


Tauffest am Badeteich

Die dreißig Täuflinge mit ihren Eltern und Paten und den Pastorinnen Wiebke Alex (Hanstedt), Mirjam Valerius (Pastorin an den BBS Winsen), sowie Pastor Dr. Jan Kreuch (Bendestorf) und Hans-Georg Wieberneit (Ramelsloh). (Bild: Deed Knerr )

Dreißig Babys, Kinder, Jugendliche und Erwachsene wurden am 13.08.2017 bei herrlichem Wetter im Ramelsloher Badeteich getauft. Die Kirchengemeinden Bendestorf, Hanstedt und Ramelsloh hatten eingeladen und rund 450 Menschen waren gekommen, um diesen besonderen Gottesdienst unter freiem Himmel mitzuerleben. Der Bendestorfer Pastor Dr. Jan Kreuch erinnerte in einem kleinen Anspiel daran, welche persönliche Bedeutung die Taufe für Martin Luther gehabt hat: Der Reformator hat sich, immer wenn er niedergeschlagen und verzweifelt war, ganz bewusst an seine eigene Taufe erinnert. Er schrieb dazu dann dreimal den Satz „Ich bin getauft“ auf seinen Schreibtisch. Pastorin Wiebke Alex aus Hanstedt verdeutlichte in ihre Predigt, wieso auch wir heute als Getaufte voller Zuversicht leben können. Im Anschluss an die Predigt lud der Ramelsloher Ortspastor dann zur Taufe an die vier Taufstellen ein. Auch die Berufsschulpastorin Mirjam Valerius begab sich mit ins Wasser, um fünf Kinder und zwei Jugendliche zu taufen. Als kleines Geschenk erhielten die dreißig Täuflinge dann neben einer Taufkerze auch ein Stück Kreide mit dem Aufdruck: „Ich bin getauft“. Auch Inga und Jens Pape aus Ramelsloh trugen durch ihren Gesang und die Klavierbegleitung mit dazu bei, dass dieses Tauffest wohl für sehr viele in guter und dauerhafter Erinnerung bleiben wird.

Orgel-Reise im Kirchenkreis Winsen

»Lieder von Martin Luther auf Orgeln im Kirchenkreis Winsen«

Auf eine Fahrt zu Orgelkonzerten (je ca. 20 Minuten) mit musikalischen Bearbeitungen von Lutherliedern im Kirchenkreis Winsen laden Henning Trost und Reinhard Gräler am Sonntag, 13. August 2017 ein. Beginn ist mit dem Gottesdienst in der Marienkirche Winsen um 10 Uhr. Anschließend geht es auf eine Rundreise in die Kirchen von Salzhausen, Egestorf und Ramelsloh (dort gibt es einen kleinen Mittagsimbiß) sowie zum Abschluß in WInsen. Es gibt die Gelegenheit, mit einem Bus mitzufahren (Unkostenbeitrag 10€). Unterwegs werden Sie über die jeweils zu hörenden Instrumente informiert.

Ausgewählt haben wir vier charakteristische Orgeln: die große neobarocke Winsener Ott-Orgel (1960), die barocke Stilkopie in Salzhausen (Becker 1997) und die romantischen Furtwängler-Orgeln von Egestorf (1867) und Ramelsloh (1912). Auf dem musikalischen Programm, daß den jeweiligen Orgeln angepaßt ist, stehen Choräle aus Bachs „Orgelbüchlein“, Mendelssohns Orgelsonate „Aus tiefer Not“ sowie Regers große Fantasie über „Ein feste Burg“.

Der Zeitplan für diejenigen, die nur einzelne Konzerte besuchen können:

10:00 Uhr:       Gottesdienst Winsen

11:30 Uhr:       Orgelkonzert in Salzhausen (Reinhard Gräler)

12:15 Uhr:       Orgelkonzert in Egestorf (Henning Trost)

Mittag – Imbiß im Ramelsloher Gemeindehaus

13:30 Uhr:       Orgelkonzert in Ramelsloh (Henning Trost)

14:30 Uhr:       Orgelkonzert in Winsen (Reinhard Gräler)

Anmeldungen für den Bus bitte telefonisch im Gemeindebüro Winsen (Tel. 04171 4030) oder per Mail rgraeler@ewe.net
Sie können natürlich auch selbst fahren bzw. die einzelnen Konzerte vor Ort hören!

Predigt im Festgottesdienst zum 333. Geburtstag Kirchengemeinde Ramelsloh

 

18. Juni 2017
– Es gilt das gesprochene Wort –

Gnade sei mit Euch und Friede von Gott unserm Vater und unserem Herrn Jesus Christus. Amen.

Liebe Festgemeinde,
eigentlich hätten wir heute um 8.30 Uhr Gottesdienst feiern müssen. Das war so üblich, vor 333 Jahren, nachdem die Ramelsloher Gemeinde am 11. Januar 1684 durch eine fürstliche Verordnung von Pattensen getrennt und mit der Stiftskirche zusammengelegt wurde. Im Sommer feierte man Gottesdienst um 8.30 Uhr, im Winter um 9.00 Uhr. Conrad Balthasar Volckmann war der Pastor, der seine Gemeinde so früh zusammenrief. Ramelsloh war seine erste Stelle und er war damals zunächst zuständig für die etwa 20 Bewohner des Stifsbezirkes. Über den regen Pastor wird in Ihrer Chronik viel Lobenswertes berichtet. Sein größter Verdienst war der Zusammenschluss von Stifts- und Dorfgemeinde im Jahre 1684, die bis dahin zu Pattensen gehörte, „ohngeachtet der vielen Unkosten, Reisen, Mühe und Verdrießlichkeiten …“, die er dafür auf sich nahm. Er gab dafür sein privates Geld und die Fusion zehrte auch die Vermögen
seiner verstorbenen Ehefrauen auf. Durch den Zusammenschluss von Stifts– und Dorfgemeinde kamen noch etwa 80 Leute aus über 20 Häusern zu seiner Gemeinde hinzu. Die Ramelsloher dankten ihm seine Bemühungen „vor Gottes Ehre und seiner Kirche besten“ mit regem Gottesdienstbesuch. Ein Epitaph hier in der Kirche erinnert an diesen eifrigen Geistlichen.

Doch nicht nur an ihn denken wir heute Morgen. Kirchengemeinden sind Erinnerungsorte, die Raum und Zeit miteinander verbinden. Es sind große Speicher menschlicher Geschichte. Wie viele Abertausende von Lebensgeschichten, Biographien und Karrieren leben, und lebten seitdem in Ihrer Gemeinde. Welch’ Reichtum an Liebe und Verzweiflung, welche Fülle an Freude und Jubel gab und gibt es untereinander. Wie unerforschlich all die Schicksalsschläge in Ihrer Gemeinde. Die jungen Leben, die Gott zu sich rief, die Abschiede, die Krankheiten und Schmerzen, die ausgehalten wurden oder geteilt, all die Konflikte und Streitereien, die Tränen, die umeinander geweint wurden und die vielen unbeantworteten Fragen an Gott. All das füllt unsere Gemeinschaft auf. Wenn wir zusammen beten, wenn wir als Gemeinde unseren eigenen Lebenshorizont überschreiten und zu Gott rufen: Herr erbarme dich, dann sind wir zusammen
mit all denen, die vor uns zu Gott gerufen haben. So erfassen wir die Geschichte in der Erzählung von Biographien. Fast alle unsere Kirchenfeste sind Erinnerungen an Glaubensgeschichten, die in der Vergangenheit liegen. Und hier auch die Erinnerung an den Ort, der 845 zur Aufnahme von Ansgar führte, durch die Adelsfrau Ikia. Wie alt ist dieser Ort, versehen mit Bewegungen, die die Mission in Nordeuropa bewegten vor mehr als 1150 Jahren.

Wie sieht dieses Erinnern aus an einem solchen Festtag, an dem es gleich drei gute Gründe zu feiern gibt: Der 333. Geburtstag Ihrer Kirchengemeinde, die Beendung des ersten Schrittes Ihrer Kirchturmsanierung, so dass wir heute die Kirche zum ersten Mal seit zwei Jahren ohne Gerüst sehen können und das vierte Ansgarfest auf dem Domplatz, das heute gefeiert wird und vom Kuratorium der St. Ansgar Stiftung ins Leben gerufen wurde. Und das alles im Jubiläumsjahr, in dem wir an 500 Jahre Reformation erinnern. „Ein Drittel und ein halbes Jahrtausend: 333 Jahre Kirchengemeinde Ramelsloh – 500 Jahre Reformation“ haben Sie es genannt in den Ankündigungen. Und einen Psalmvers über diesen Gottesdienst gesetzt, der unseren Blick auf diesen Festtag noch einmal anders lenkt: „Denn tausend Jahre sind vor dir / wie der Tag, der gestern vergangen ist, und wie eine Nachtwache.“ (Psalm 90,4).

„Unermeßlicher Gott, der den leuchtenden Morgenstern aufscheinen läßt; wenn die Nacht vertrieben ist, schaffst du neues Licht.“ So schreibt der Apostel des Nordens, Ansgar in den Pigmenta, den Psalmauslegungen zum Psalm 90.

Wir neigen dazu, fast alles auf unser jetziges, auf unser eigenes Leben zu beziehen. Auch die christliche Auferstehung wird zumeist gedacht als einen Teil des Lebens im Hier und Jetzt. Wir haben eine große Vergangenheitsvergessenheit und Zukunftsscheu entwickelt in den Bildern unseres Glaubens. Gedanken über eine Dimension, in der 1000 unserer Jahre wie ein Tag sind, sind uns nahezu unmöglich. Während Naturwissenschaftler uns unendliche Zeiten und Raume beschreiben und beispielhaft berichten von einer Sicherheit von einer Millionen Jahre für ein atomares Endlager, erscheint dagegen unsere religiöse Vorstellungswelt geradezu verkümmert. Unsere Vorstellungen über die Vergangenheit unseres Glaubens und über die Verheißung, die uns trägt, sind klein und wir können sie kaum benennen. Wir fixieren uns auf das, was heute möglich ist. Das ist weit vorbei an dem Glauben, der unser Leben trägt und uns mit all den Menschen verbindet, die aus dieser Hoffnung lebten und leben werden.

„Denn tausend Jahre sind vor dir / wie der Tag, der gestern vergangen ist, und wie eine Nachtwache.“ (Psalm 90,4). Und im neuen Testament heißt es: „Siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.“ (Mt. 28, 18). Eine göttliche Zeitrechnung legt sich über unsere Feste, über unser Leben, über die Geschichten unserer Dörfer und Städte. 1000 Jahre für einen Tag und einen Tag für 1000 Jahre setzt unser Leben, setzt die 333 Jahre ihrer Gemeinde in einen Zeitzusammenhang, den wir kaum denken können. Gottes Blick geht weit über diesen Tag hinaus. Reicht von Ewigkeit zu Ewigkeit. Die Geschichte dieser Gemeinde, festgehalten auf dem Zeitstrahl dieser Ewigkeit. Die Namen der Menschen dieser Gemeinde, nicht nur kurz gerufen, sondern ins ewige Buch des Lebens geschrieben. Die Gesichter der Gottesdienstbesucher im Blick – jetzt und für alle Zeit. Wir und all die, die weit vor uns waren und weit nach uns kommen. 1000 Jahre für einen Tag. Es ist die Erzählung der Kontinuität des Glaubens, in der es Versagen und Schuld wie Vergebung und Versöhnung gegeben hat. „Denkt der vor’gen Zeiten, wie, der Väter Schar voller Huld zu leiten, ich am Werke war. Denkt der frühern Jahre, wie auf eurem Pfad, euch das Wunderbare immer noch genaht.“ So heißt es im Lied „Ja ich will euch tragen“ (Nr. 380) im Evangelischen Gesangbuch.

„Denkt der vor´gen Zeiten.“ Unsere Kirchengemeinden leben und gestalten diese Erinnerung in besonderer Weise – wie heute hier zu erleben ist oft im großen Einvernehmen mit der Kommune und den Vereinen. Und doch haben Kirchengemeinden eine besondere Art, Geschichte zu bewahren. Kirchengemeinden haben – jahrhundertelang, bevor es in den Einwohnermeldestellen fortgeführt wurde – eine Geschichte der Menschen geschrieben. Und zwar nicht nur die Geburtsund Sterbedaten, sondern die Umbrüche, die Schnittstellen des Lebens dokumentiert, die in der Kirche gefeiert wurden. Hier wird das Angemessene getan, was man mit den Geschichten von Menschen tun kann: Hier werden sie in Kirchenbücher eingeschrieben und aufbewahrt und darin wird ihre Geschichte erzählt und wiedererzählt, immer und immer wieder neu. Auch hier war Pastor Conrad Balthasar Volckmann ein Vorreiter und hat das älteste Kirchenbuch Ihrer Gemeinde eingeführt.

Noah Philippe Jobmann (Säugling), Elina Marleen Hartig (Säugling) , Tanja Gärtner-Goldt (Erwachsenentaufe – zugleich Patin für den 4. Täufling), Lia Sophie Krüger (Säugling) und Mahdi Majidi sind die jüngsten Namen, deren Taufe zu Pfingsten in Ihrem Kirchenbuch aufgenommen wurde. Und mit Frau Majidis Name verbindet sich auch eine neue Geschichte, die Ihre Gemeinde seit einiger Zeit schreibt. Sie ist der siebte aus dem Iran geflüchtete Mensch, der nach einem Taufunterricht in dieser Gemeinde getauft wurde. In die Diskussion, ob die evangelische Kirche leichtfertig mit der Taufe umgeht und christliche Taufe von Flüchtlingen für ihr Bleiberecht missbraucht wird, zeichnet Ihre Gemeinde eine Gegengeschichte. Sie als Gemeinde glauben daran, dass Menschen nicht nur in unseren Dörfern, sondern auch in unserem Glauben eine neue Heimat finden können. Ihre Gemeinde wägt sorgfältig ab und bereitet mit einem Taufunterricht ebenso sorgfältig auf diesen großen Schritt vor. Ihre Gemeinde empfängt bislang Unbekannte in ihrem Gottesdienst und gibt denen eine Heimat, die einen neuen Anfang machen wollen.

Früher wurde die Geschichte eines Dorfes, einer Gemeinde in Generationen erzählt. Und es wurde nicht einzeln gelebt, sondern in Gemeinschaft gedacht und gelebt. Beides ist heute bedroht. Die Individualisierung fördert das Interesse des Einzelnen. Und die Bewegungen aus der Heimat nehmen zu. Als 1917 in einem Buch über die evangelische Kirche in Niedersachsen geschrieben wurde, stellte der Autor fest, dass über 75 % der Bewohner in einzelnen Landesteilen ihr Leben lang in dem Heimatort geblieben sind, in dem sie auch geboren waren. Und 15 % der Bevölkerung hatte es bis in das Nachbardorf geschafft. Nur wenige erhalten heute in unserer Bevölkerung diese Treue zum Ort durch die Generationen. Wenn wir als Gemeinden mit neuer Geschichte in unseren Kirchen um Gottes Segen bitten, dann vertrauen wir der Verheißung, die weit über unser Leben, unser Dorf und unsere Zeit hinausgeht. Wir bezeugen uns nicht selbst durch unseren Reichtum, unsere Fixheit in der Welt, durch unsere Gesundheit, durch unsere Erfolge. Unser Leben ist nicht gerettet, weil wir es retten, sondern weil wir angesehen sind vom Blick der Güte. Unsere Gesichter im Blick – jetzt und für alle Zeit. Unsere Geschichte, festgehalten auf dem Zeitstrahl der Ewigkeit. Unsere Namen nicht nur kurz gerufen, sondern ins ewige Buch des Lebens geschrieben. Das gilt für alteingesessene Dorfbewohner und für die, die neu zu uns kommen wollen. So schreiben wir Geschichte weiter. Auch gegen Widerstände.

Denn das ist Kraft der Gemeinde Gottes, dass sie eine verheißungsvolle Widerständigkeit in sich trägt. Sie weiß von dem Reich Gottes, in dem Jesus Aussätzige heilt. In dem er sich mit anscheinend nicht gesellschaftsfähigen Menschen an einen Tisch setzt. In dem er eine Ungehörigkeit nach der anderen begeht und damit Menschen Wege öffnet in die Gesellschaft seiner Zeit. Unser Horizont ist heute um ein Vielfaches weiter als der Horizont der Menschen vor zweitausend und vor 333 Jahren. Wenn wir in der Nachfolge dieses Mannes bleiben, können wir lernen, größer zu denken, weiter zu glauben und großräumiger Kirche zu sein, als wir es bisher waren.

Die Herausforderungen sind groß. Manchmal sind wir müde. Manchmal resigniert und kraftlos. Halten wir uns an die Geschichte, die diese Kirchengemeinde erzählt, vor 333 Jahren und in jüngster Zeit. Sie birgt so viele Schätze. Zehren wir von diesem Festtag und bleiben zuversichtlich. Gehen wir aufrecht das kleine Stückchen Weg, das uns zur Verfügung steht. Breiten wir die Arme aus und heißen willkommen, die vielleicht noch fremd sind in unserem Glauben und unserer Sehnsucht nach Gerechtigkeit und Frieden. Das ist das, was wir tun können, ein paar Sommer lang.

„Millionen Jahre waren, ehe es mich gab, Gott.
Jahrmillionen werden vielleicht nach mir sein.
Irgendwo in ihrer Mitte sind ein paar Sommer,
in denen für mich Tag ist auf dieser Erde.
Für diese Spanne Zeit danke ich dir.“
(Jörg Zink)

Gott segne Ihre Gemeinde auf Ihrem Weg.

Amen

 

 

Abschied und Neubeginn

Christiane Laußat

Fast auf den Tag genau drei Jahre nach ihrem Dienstantritt als „Tür an Tür“-Koordinatorin wurde sie mit Dank und Segen im Gottesdienst am Ostersonntag verabschiedet: Christiane Laußat zieht mit ihrem Ehemann nach Lüneburg und steht daher für den Nachbarschaftsdienst nicht mehr zur Verfügung.
„Ohne dein großartiges Engagement, ohne das ganze Herzblut, welches du investiert hast, würde die ‚Tür an Tür‘- Arbeit heute nicht dort stehen, wo sie steht.“, dankte Pastor Georg Wieberneit der Ohlendorferin. Die Koordinatorin der Flüchtlingsarbeit Doris Bündgens hat seit dem 15. April nun auch die Koordinatorentätigkeit für „Tür an Tür“ übernommen. „Ich freue mich auf diese neue Aufgabe und hoffe sehr, dass ich die Arbeit gemeinsam mit den Ehrenamtlichen ganz im Sinne von Christiane fortführen kann.“, so die 59jährige gebürtige Eschweilerin.

(Quelle: Turmhahn Mai 2017)